"Viele Landwirte protestieren gegen die Sparvorschläge der Bundesregierung. Ich habe den Eindruck, dass die Sparvorschläge lediglich der Tropfen sind, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Das wurde im Gespräch mit dem Landvolk Niedersachsen, Kreisverband Lüneburger Heide, deutlich. Bereits in den letzten Jahren haben immer neue Auflagen und Kürzungen die Arbeit erschwert sowie die ausländische Konkurrenz und die Preispolitik des Handels die Landwirte unter Druck gesetzt.
Aus diesem Grund habe ich für die friedlichen Proteste Verständnis. Demonstrationsrecht ist ein gutes Recht der Demokratie. Zudem begrüße ich den konstruktiven Austausch, den ich auch mit Herrn Maß und Herrn Neven gehabt habe. Nur im Dialog ist es möglich, konstruktive Lösungen zu finden. Das ist die Stärke der Demokratie.

Aufgrund des Drucks durch die Landwirte hat die Bundesregierung bereits Kürzungen zurückgenommen bzw. verändert. Das ist gut.

Die Landwirte werden weiterhin keine Kfz-Steuer bezahlen müssen.

Die Kürzungen beim Agrardiesel kommen nicht sofort, sondern werden in den nächsten drei Jahren (bis 2026) gestaffelt.

Doch das Problem sitzt viel tiefer. Und das schon sehr lange. Fast über 20 Jahre. Die Erwartungshaltung der Gesellschaft wird immer höher, egal ob es den Umwelt- und Klimaschutz, den Natur- und Tierschutz sowie den Verbraucherschutz betrifft. Diesem gerecht zu werden, und dazu sind viele Landwirte und Landwirtinnen bereit, geht nicht von heute auf morgen. Es braucht einen gemeinsamen Plan von Landwirtschaft, Politik und Handel. Gerne auch zusammen mit Verbraucherinnen und Verbrauchern. Auch innerhalb der Gesellschaft benötigen wir ein Umdenken. Die Landwirte und Landwirtinnen arbeiten tagtäglich hart und verantwortungsvoll. Mit Herz und einem hohen Qualitätsanspruch an sich selbst und das Produkt. Dies wird leider oft übersehen bzw. nicht gewertschätzt. Hinter vielen Höfen stecken lange Familientraditionen. Geschichten. Erfahrungen. Leidenschaft.

Gleichzeitig stelle ich fest: Wir haben kein Erkenntnisproblem, sondern ein Umsetzungsdefizit. Wie viele Kommissionen, Runde Tische und Gesprächsrunden mit Protokollen, Abschlussberichten und Co. gab es bereits? Ich behaupte: eine Menge. Wie viele Maßnahmen haben wir bisher in Bund und den Ländern erfolgreich umgesetzt, um die Landwirtschaft zukunftssicher zu machen? Außer der zunehmenden Bürokratisierung?

Die Frage, die wir uns alle beantworten müssen, ist doch: Wollen wir unsere Landwirtschaft erhalten? Ich sage für mich: ja. Dann sind die Folgefragen: Was bin ich als Verbraucher / Verbraucherin bereit dafür zu tun? Was kann Politik dazu beitragen, um entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen, damit die deutsche Landwirtschaft eine Perspektive hat? Welchen Beitrag leisten die Handelsunternehmen? Wie kann die Landwirtschaft diesen Prozess unterstützen? Es geht nur, wenn alle sich beteiligen und die Verantwortung übernehmen. Und zwar jetzt. Nicht in 20 Jahren.

Traktoren sind groß und laut. Wenn Gülle ausgebracht wird, stinkt es. Tiere geben Laute von sich (z.B. Hunde bellen, Hähne krähen, Schafe blöken, Kühe/Rinder muhen). Es gibt tatsächlich Menschen, die sich darüber beschweren, wenn sie von der Stadt in die ländlichen Räume ziehen … Für diese Beschwerden habe ich kein Verständnis.

Auch kein Verständnis habe ich für Übergriffe wie beispielsweise auf den Wirtschaftsminister Robert Habeck. Auch Drohungen in Form von Ampelgalgen oder ähnliches gehen überhaupt nicht. Hier bin ich dem Deutschen Bauernverband für seine deutliche Distanzierung von einer Vereinnahmung der Agrardiesel-Proteste durch extreme und radikale Gruppen dankbar.

Der Haushalt 2024 wird Ende Januar/Anfang Februar verabschiedet. Bis dahin werden sicher weitere konstruktive Gespräche geführt, die zu einer guten Lösung beitragen werden. Aus meinem Austausch konnte ich einige Kritikpunkte nachvollziehen, diese bringe ich jetzt in die Beratungen mit ein."

Foto: Svenja Stadler beim Landvolk-Kreisverband in Buchholz mit dem Vorsitzenden Wilhelm Neven (l.) und Geschäftsführer Werner Maß