Heute wurde im Deutschen Bundestag über das Asylpaket II abgestimmt. An dieser Stelle erklärt Svenja Stadler, warum der vorgelegte Gesetzentwurf für sie nicht zustimmungsfähig ist:

1. Die im Asylpaket II enthaltenen Maßnahmen sollen dazu dienen, die Zahl der Flüchtlinge zu reduzieren, indem die Verfahren beschleunigt und Abschiebungen erleichtert werden. Ich halte jedoch eine weitere Verschärfung des Asylrechts grundsätzlich für den falschen Weg. Stattdessen ist es jetzt unsere dringende Aufgabe, dafür zu sorgen, dass Integration vor Ort gelingt und die vielen Helferinnen und Helfer ideell und praktisch unterstützt werden. Dafür müssen staatliche Stellen und Kommunen genug Personal und Finanzressourcen erhalten, um eine gute Versorgung, menschenwürdige Unterbringung und ein schnelles Ankommen in Gesellschaft und Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Die entsprechenden Konzepte für ein Integrationsgesetz hat die SPD bereits vorgelegt. Ich bin überzeugt, dass die im Asylpaket II vorgenommenen Verschärfungen beim Familiennachzug und in anderen Bereichen nicht dazu führen werden, dass weniger Menschen in Deutschland Schutz suchen. Stattdessen wird die Integration der Ankommenden erheblich erschwert, die ohnehin komplexen Verfahren weiter verkompliziert und die für die Integration wichtige und anhaltendende Aufnahmebereitschaft und Unterstützung der Bevölkerung untergraben. Die im Asylpaket II enthaltenen Maßnahmen lösen daher in meinen Augen keine Probleme.

2. Noch schwerer wiegen für mich familienpolitische Aspekte: Die Aussetzung des Familiennachzugs für zwei Jahre soll laut Begründung des Gesetzentwurfs die Zahl der nach Deutschland kommenden Flüchtlinge reduzieren. Unabhängig von der Frage, wie effektiv diese Maßnahme sein kann, verletzt sie in meinen Augen das Grundrecht auf Familie, wie es in Artikel 6 des Grundgesetzes geregelt ist. Im Falle des Familiennachzugs für Minderjährige verstoßen die Regelungen zudem auch gegen die UN-Kinderrechtskonvention, da unbegleitete minderjährige Flüchtlinge von ihren Eltern und Erziehungsberechtigten getrennt werden. Zudem wurde die zunächst geplante Umsetzung der Vorgaben der EU-Aufnahmerichtlinie, die geeignete Maßnahmen zur Verhinderung von sexuellen Übergriffen und Belästigungen fordert, wieder aus dem Gesetz gestrichen. Ein ausreichender Schutz von Frauen und Kindern in Flüchtlingseinrichtungen vor sexueller Gewalt ist daher auch weiterhin nicht gegeben. Die Familie steht unter dem besonderen Schutz des Grundgesetzes – für mich schließt das die Familien von Flüchtlingen selbstverständlich mit ein. Wir können nicht einerseits Integration und Anerkennung der Werte unseres Grundgesetzes verlangen und andererseits die dort festgeschriebenen Rechte den zu uns kommenden Menschen nur selektiv verleihen.

Für mich als Familienpolitikern war eine Zustimmung zum Asylpaket II daher persönlich nicht möglich."